Sehr verehrte Damen und Herren, bedanke mich sehr herzlich für die Einladung beim
Kollegium Alexandrinum und möchte zunächst mal mein Thema ein bisschen abwandeln. Wir haben
angekündigt, dass Luther ja als Medienkampagne, was es auch war, und es gibt auch eine Reihe von
Untersuchungen, die davon ausgehen, zu untersuchen, was eigentlich bezweckt war mit einer zehnjährigen
Luther-Dekade, was man davon erreichen kann, Reformations-Dekade, was man damit erreichen kann.
Diese Reflexionen gab es schon in der Mitte dieser Dekade. Jetzt aber ist der Punkt, wo man
langsam anfangen kann zu bilanzieren. Ich möchte heute ein bisschen mehr machen als nur sozusagen
die Kampagne beschreiben, sondern möchte schon in der Rückschau, wie das auch das Programm
dieses das Kollegium Alexandr Enum ankündigt, eine erste Bilanz ziehen über das, was an Erwartungen
vorherrschte von verschiedenen Seiten mit der Luther-Dekade und dem Lutherjahr und ob diese
Erwartungen eingetroffen sind und wie die verschiedenen Seiten, da werde ich Ihnen drei
präsentieren, dabei sind dieses Jahr zu bilanzieren. Die eine Seite wird die Evangelische Kirche
Deutschlands, also einer der Hauptveranstalter sein, die andere Seite wird die Wissenschaft sein und die
dritte Seite werden die Journalisten sein. Und wir werden von verschiedenen Seiten sozusagen
versuchen zu bilanzieren und eine erste Runde drehen. Ich nehme an, dass es noch viele, sehr
viele Doktorarbeiten über diese Frage, wie dieses Lutherjubiläum einzuschätzen ist und wie die
Reformationsdekade einzuschätzen ist, geben wird von verschiedensten Professionen her. Aber die
ersten Bilanzen, und da sind sie jetzt sozusagen Zeugen, können wir jetzt ziehen. Es hat sich durch
diese ganze Luther-Dekade oder Reformationsdekade, Sie sehen schon, ich stocke, wie man das Kind
überhaupt nennt, haben sich verschiedene Streitpunkte gerankt. Nennt man das Reformationsdekade, kann man
das, die zehn Jahre Reformations, das hinwachsen auf das Jubiläum 2017, Reformationsdekade nennen?
Soll man es Luther-Dekade nennen? Ist denn, wenn man es Luther-Dekade nennt und den 31. Oktober
den Thesenanschlag in den Mittelpunkt stellt, ist das denn nicht schon eine Fokussierung und
damit eine Einengung auf die vielen intendierten und nicht intendierten Folgen der Reformation?
Macht man nicht wieder den Fehler, dass man einen Heldenepos schreibt in Bezug auf Luther? Muss man
nicht sehr viel mehr öffnen, den Blick auf die verschiedenen konfessionellen Richtungen, die durch
die Reformation entstanden sind? Wer ist Calvin? Wer ist Zwingli? Warum immer Luther? Das ist zum
Beispiel eine ganz große Frage. Das ist die eine Frage gewesen. Die andere Frage, die die Veranstalter
über zehn Jahre immer wieder strittig beschäftigt hat, war die Frage, wie kann man ein Jubiläum,
das eine Kirchenspaltung begeht, wie kann man das mit der Kirche zusammen feiern, von der man sich
abgespalten hat? Also wie kann man eine Kirchenspaltung in einem ökumenischen Geist feiern? Auch diese
Frage werden wir, auf diese Frage werden wir einen Blick werfen. Es war von Anfang an auch die Frage,
inwieweit muss man dieses Luther-Jubiläum, Reformationsjubiläum als ein heutiges und
aktuelles Ereignis begehen und was geht dabei an historischer Richtigkeit und historischer Wahrheit
verloren? Also das waren die Streitpunkte zum Beispiel zwischen den kirchlichen Veranstaltern
und den historischen Wissenschaften auf allen Ecken und Enden. Die sogenannten Kirchenhistoriker
wie Johannes Schilling, der ein großes Buch geschrieben hat, oder Bernd Schilling, der zwei
Bücher zum Thema Reformationszeit und Luther geschrieben hat, oder Frau Roper, die australische
Wissenschaftlerin, die versucht haben sozusagen die historische Wahrheit nochmal die historischen
Richtigkeiten noch einmal abzugehen. Es ist eine große Fülle wissenschaftlicher, historischer
Aufsätze, Bücher von hohem Wert entstanden in diesen letzten zehn Jahren. Man kann sagen,
dass die historische Wissenschaft einen richtigen Schub durch dieses Luther-Jubiläum bekommen hat,
aber sich in einem Dauerstreit befunden hat mit denen, die dieses Jubiläum als Revitalisierung
von Kirchenzugehörigkeit, von Glauben, von Zugang zu theologischen Inhalten oder auch Einflüssen
auf die Gesellschaft nutzen wollten oder, wenn man böse sagen will, instrumentalisieren wollten oder
zu Missionszwecken einsetzen wollten. Also diese beiden, die historischen Wirklichkeiten und die
missionarischen Ambitionen der evangelischen Kirche standen sich von Anfang an auch ambivalent
gegenüber. Wir werden noch einmal drauf kommen. Und die Frage, wie kann man eigentlich ein Jubiläum
feiern, das in dieser starken Weise von Tourismus und Kommerz in Anspruch genommen wurde. Auch da
war von vornherein eine strittige Situation zwischen den unterschiedlichen Teilen, die sich mit diesem
Presenters
Prof. Dr. Johanna Haberer
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:47:35 Min
Aufnahmedatum
2018-01-25
Hochgeladen am
2018-03-09 09:36:12
Sprache
de-DE
Nach einer kurzen Darstellung der wichtigsten Medienkampagnen im Rahmen der Reformationsdekade bzw. des Lutherjahrs, zieht Frau Prof. Haberer eine erste Bilanz. Sie beschäftigt sich in diesem Vortrag insbesondere mit den Erwartungen der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Wissenschaft und der Presse und damit, inwieweit sich diese Erwartungen erfüllt haben.